Lothar-Günther Buchheim: Südseebilder (1972)

Kabinettausstellung, 9. Februar 2008 bis 24. Januar 2009

Kurz bevor Buchheim seine vierteljährige Malreise in die Südsee startete, war er im Krankenhaus gelegen und hatte dort - nach einer Hüftoperation und lebensbedrohenden Embolie - an der Endfassung seines Romans "Das Boot" gearbeitet, welcher 1973 erschien. Die Südseereise, so Buchheim später, war eine Art Bewährungsprobe. Atemlos trieb es ihn von einer Insel zur anderen, von Tahiti nach Western und Amerikanisch Samoa, von Ponape nach Guam, dann nach Taiwan und schließlich nach Hongkong und Thailand. Doch hatte Buchheim nicht die Suche nach einem verlorenen Paradies in die Südsee verschlagen wie andere Künstler zuvor, etwa Gauguin, Nolde oder Pechstein. Die Südseereise war ein Preis, mit dem Buchheim in London für seine PiPaPop-Posters (1968/69) ausgezeichnet worden war. Nach der psychisch wie physisch Kräfte zehrenden Arbeit am "Boot" bot sie nun eine willkommene Gelegenheit zum Atemholen, half womöglich Abstand zu gewinnen zu den hochgespülten Erlebnissen der Vergangenheit. Die neue und  fremde Umgebung forderte Buchheims vollste Aufmerksamkeit. Malen und Schauen hieß Aufgehen im Gegenwärtigen, sich verlieren...

Überall, selbst im Hafen von Hongkong, packte Buchheim Malbrett, Papier, Pinsel und Malkasten aus und stellte sich dem Motiv. Doch machte ihm das tropische Klima mit den überraschenden Regengüssen und der hohen Luftfeuchtigkeit bei der Arbeit  arg zu schaffen. Trotzdem malte er wie ein Besessener und brachte von der Reise Dutzende von Blättern mit. Wie ungewohnt die Verhältnisse und wie schwer sein Ringen mit den oft fremden Formen gewesen war und wie sehr ihn das monotone Grün der Vegetation manches Mal gelangweilt hatte, wurde Buchheim erst bewusst, als er im Oktober desselben Jahres in Feldafing die Farbexplosion des Herbstes erlebte und hier die visuelle Herausforderung fand, die er in den Tropen erwartet hatte. Doch gerade die Konfrontation mit den neuen Eindrücken macht Buchheims Südseebilder so spannend. Seine Farbgebung ist ungewohnt verhalten und äußerst subtil. Und um das Spezifische eines Motivs zu erfassen, erprobt er immer neue und andere Mittel, entfaltet eine reiche Palette von Ausdrucksmöglichkeiten. Die verregneten Tropenlandschaften scheinen geradezu vor Nässe zu triefen: Oft haben Wassertropfen auf den Bildern ihre Spuren hinterlassen. Da fächelt der Wind durch Palmengefieder. Dort ballen sich Wolken dramatisch. Manchmal lässt Buchheim die Wasserfarben weich ineinander fließen, dann wieder setzt er entschiedene Pinselhiebe, bildet opake Farbflächen, prägnante Kürzel oder lässt sich von chinesischer Kalligraphie inspirieren...

"Mir geht es um Befunde", schreibt Buchheim über seine Malerei. "Ich will keine Zutaten einfügen. So ist die Natur - so habe ich sie gesehen - so war mein Zustand so war der Zustand im nämlichen Augenblick. Also keine Phantasterei, nur das Reale: Dokumentation der Natur und meiner selbst, quasi ein Mittelding zwischen Selbstausdruck und Befund. Also nichts darstellen, was nicht aus dem unmittelbaren Erlebnis kommt. Was das Auge sieht, ist geheimnisvoll und wunderbar genug, um einen das Leben lang zu beschäftigen."

Weitere Informationen

Das Buch zur Ausstellung

Lothar-Günther Buchheim:
Die Tropen von Feldafing

136 S. mit 65 Abb. in Farbe und Schwarz/Weiß. Text von L.-G. Buchheim. Nummerierte und monogrammierte Sonderauflage.
EUR 60,00 zzgl. EUR 5,00 Versandkosten
Bestellung


Meldungen


Lothar Günther Buchheim: Hütte im Sturm, Western Samoa, Aquarell und Tusche, 1972


Lothar Günther Buchheim: Roter Weg auf Ponape,
Western Samoa, Aquarell und Tusche, 1972

Abbildungen © Buchheim Museum

Besuchen Sie uns auf Instagram