Ausstellung / Lothar-Günther Buchheim in Bernried

Eines Lebens Lauf

Südwest Presse vom 06.02.2006

Lothar-Günther Buchheim: Als Autor des Romans "Das Boot" und als exzessiver Sammler deutscher Expressionisten ist er weithin bekannt. Aber der Maler Buchheim? Eine Ausstellung in Bernried erhellt das eigene Schaffen des Künstlers, der heute 88 Jahre alt wird.

Lothar-Günther Buchheim liebte schon immer das Reisen. Als 20-Jähriger, kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, paddelt er mit dem Boot die Donau hinunter, von Passau bis zum Schwarzen Meer. Allein. 1735 Kilometer. Das Boot voll bepackt mit Mal- und Schreibutensilien. Rohrfeder, Kreide, Bleistift, Aquarellfarben. Dazu ein Fotoapparat. Wie besessen "sammelt" der junge Mann Menschen, Städte, Landschaften.

Zeitsprung. Anfang der 70er Jahre, Feldafing in Bayern. Lothar- Günter Buchheim hat ein halbes Jahr in der Südsee verbracht. Es hat ihn erschöpft. Diese ständige Sonne, dieses ewige Geblühe überall! Dagegen der Starnberger See im Herbst - eine Offenbarung. "Der See blinkt quecksilbern. Bronzen leuchtendes Grün. Die große Buche ein einziges Feuer .... Die Tropenlandschaft, nach der ich auf Guam, auf Ponape vergeblich suchte - jetzt liegt sie vor mir: Feldafinger Tropen!" Auf der Stelle setzt Buchheim diese, seine Tropen, in Aquarellfarben um, flammend, euphorisch. Das ist vielleicht das Faszinierendste an seinem Ouevre. Was immer der gebürtige Sachse abgebildet hat - immer ist es kraftvoll, dynamisch, Ausdruck seiner stets expressiven Seelenlage. Da steigert sich einer hinein, da regt sich einer auf, das funktioniert bei Buchheim mit Pinsel und Feder genauso wie mit Worten. Der Playboy charakterisierte ihn 1987 in einem legendären Interview als "Querkopf, der noch jedes Feuer mit Benzin gelöscht hat". Ein Pröbchen Benzin gefällig? "Wir leben in einer Zeit der Kleinkariertheit, Spießigkeit, Muffigkeit, des Duckmäusertums. Ich finde, dass es schlimm im Lande geworden ist", wetterte Buchheim seinerzeit, und: "Überall frönt man einem Harmoniebedürfnis, bis hinauf in die Staatsspitze. Kaum mehr ein mannhaftes Wort. Das Wappentier der Zeit ist der Grottenolm - schwabbelig und blind."

Die rund 250 Werke umfassende Ausstellung "Eines Lebens Lauf" zeichnet nun in groben Zügen die Biografie des zornig-erfolgreichen Autors und Künstlers, Sammlers und Verlegers nach. Bei der Eröffnung am Freitag würdigte Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) "Buchheims leidenschaftlichen Einsatz für die Kunst". Diese Leidenschaft loderte früh. Die Schau zeigt den zwölfjährigen Jungen aus großbürgerlichem Elternhaus, der stillgelegte Fabriken und Arbeitslose in Linol schneidet. Den malenden Zirkusfan. Den Studenten an den Kunstakademien Dresden und München und den Kriegsberichterstatter in der Normandie und in der Bretagne, wo er Hafenanlagen, U-Boote und Kommandanten wie Heinrich Lehmann-Willenbrock zeichnet - das ist der "Alte" in dem Roman "Das Boot". Kritiker verurteilen den militaristischen Zug in diesen Porträts. Bewunderer hingegen sagen, dass Buchheim eben immer alles abgebildet habe, die ganze Realität - also auch in Kriegszeiten nicht etwa nur Militärisches, sondern auch Landschaften, die aufgewühlte See ...

Für Buchheims eigene Werke wurden jetzt einige Säle seines "Museums der Phantasie" am Starnberger See geräumt. In dem vor fünf Jahren eröffneten Museum ist ansonsten seine sagenhafte Expressionisten-Sammlung - mit Werken von Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff, Otto Mueller, Emil Nolde, Max Pechstein und Lovis Corinth - untergebracht.


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